Impulskontrolle – wenn die Geduld am Ende ist

Ben muss sein Zergel auf der Nase halten

Impulskontrolle ist momentan wohl das Wort schlechthin. Immer wieder wird beim Training, in Büchern oder Artikeln von Impulskontrolle gesprochen. Trainingsvorschläge werden gegeben und der Hund muss sich fleißig kontrollieren üben. Egal ob am Futter, am Spielzeug oder an sich bewegenden Objekten…Das Problem bei der Sache ist allerdings… Impulskontrolle ist endlich!

Andauernd müssen sich unsere Hunde beherrschen: Ruhig halten, wenn wir ihnen das Geschirr oder Halsband anlegen obwohl sie doch sooo gerne raus möchten – vor dem Fressnapf verharren bis eeeendlich das Freizeichen kommt – nicht vor Freude hochspringen, wenn sie jemand Bekannten auf der Straße treffen – nicht in die Leine rennen, wenn ein Hundekumpel entgegen kommt   usw. Ja auch das erfordert alles eine Kontrolle der Impulse. Dafür muss eine innere Bremse antrainiert werden. Spontane Reaktionen auf Reize soll der Hund unterdrücken und lernt bestenfalls alternatives Verhalten auszuführen.
Was für uns Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, ist für viele Hunde ein sehr anstrengender Lernprozess. Und umso öfter sie sich zurück nehmen müssen, umso schwieriger wird es. Folgender Vergleich:

Ihr wollt morgens ins Büro und das Auto springt nicht an. Gerne würdet ihr fluchen, aber ok. Schnell den Nachbarn gefragt, der beim Überbrücken hilft. Endlich! Ihr fahrt los und gleich an der ersten Kreuzung schneidet euch ein anderes Fahrzeug! „Mistkerl“, denkt ihr und eure gute Laune ist fast schon den Bach runter. Im Büro angekommen stehen schon zwei Kollegen am Platz die etwas Dringendes von euch wollen. Gerne würdet ihr sie weg schicken, aber nein, ihr nehmt euch zusammen und helft. Euer Chef schmeißt euch im Vorbeigehen irgendwelche Hieroglyphen auf den Tisch, die er als Protokoll bis in einer Stunde abgetippt haben möchte. Und was ist heute mit dem Telefon los? Andauernd klingelt es und unterbricht eure Arbeit. Endlich Feierabend. Ihr kommt zum Auto und – ein Kratzer. Ihr würdet gerne Schreien. Eure Geduld ist wirklich am Ende. Daheim angekommen versucht ihr runter zu kommen und setzt euch erst einmal hin. Da kommt euer Partner zur Tür herein und fragt, warum ihr denn das Essen noch gar nicht gemacht habt… sooooo, wer würde hier noch ruhig bleiben.

Genau das verlangen wir aber von unseren Hunden! Allerdings ist es mit der Impulskontrolle wie mit einem Akku – umso öfter man ihn verwendet – umso öfter man die Kontrolle abfragt, umso leerer wird der Speicher. Wie in dem o. g. Beispiel.

Es ist durchaus sinnvoll Impulskontrolle zu üben, allerdings nur, wenn die Übung im Alltag zielführend ist, sprich: Kein Impulskontrolltraining nur um des Trainingswillen. Zwischen den Übungseinheiten sollten, je nach Schwierigkeitsgrad, teilweise sogar Tage liegen. Im Alltag wird so viel abgefragt, dass es passieren kann, dass nach einem übungsreichen Tag der Hund sich in den einfachsten Situationen nicht mehr zurücknehmen kann. Vollkommen normal, aber man sollte es wissen! Wird Impulskontrolle generell sehr oft abgefrag und vielleicht noch mit Hemmung gearbeitet, kann es sein, dass der Hund durch den erhöhten Stresspegel durchaus zu Aggressionen neigt bzw. anders reagiert als wenn er entspannt wäre. (Denkt an das Beispiel)

Wie gut ein Hund sich im Griff hat, hängt von vielen Faktoren ab. Wie bei uns Menschen verfügt auch jeder Hund über eine unterschiedlich gute Impulskontrolle bzw. „Geduld“. Neben Alter und Charakter kann natürlich entsprechendes Training hilfreich sein. Der Hund sollte dabei nicht überfordert werden. Kleine Schritte führen wesentlich eher zum Erfolg! Es sollten entsprechende Pausen eingehalten werden und dem Hund damit die Möglichkeit gegeben werden, den Stresspegel wieder zu senken, den Akku aufzuladen, um bestmöglich Lernen zu können.

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