Vor einiger Zeit hatte ich euch von meinem Erlebnis bei den Timba-Wölfen berichtet. An diesem Abend hatte ich Gelegenheit den Erzählungen der Fam. Vogelsang zu lauschen und viele interessante Details über die Aufzucht und den Umgang mit Wölfen zu erfahren. Am Ende des Artikels schrieb ich, dass Wolfsforscher und Hundetrainer für ihre eigentliche Arbeit nicht wirklich etwas von einander lernen können. Warum, darauf möchte ich in diesem Artikel eingehen…
Sehr oft wird der Vergleich Wolf – Hund hergenommen. Das ist grundsätzlich nicht falsch, denn der Ursprung unserer Hunde ist ganz klar der Wolf. Es gibt durchaus sinnvolle Vergleiche, es gibt aber genauso viele unsinnige Vergleiche.
Der grundlegende Unterschied
Wer hätte es gedacht – Wölfe sind wilde Tiere 🙂 Als Wildtier besitzt der Wolf viele Eigenschaften, die unser Hund nicht mehr hat und selbst in der Auswilderung so schnell nicht mehr erlangen würde. Die Furcht vor Menschen gehört zu einem dieser Dinge. Wölfe zeigen nach wenigen Tagen bereits ein angeboreneres Fluchtverhalten vor Menschen. Vogelsangs erklärten uns, dass deshalb Wolfswelpen schon mit wenigen Tagen direkt von der Mutter getrennt werden und sofort zu Menschen müssen, bevor sich diese Angst einstellt. Nur dann hat man die Möglichkeit, Wölfe als Mensch und mit Menschenkontakt großzuziehen. Also nichts mit „8 Wochen beim Mutti“.
Ein weiterer grundlegender Aspekt ist die Verständigung von Wölfen untereinander. Jedes Augenzucken, Pfote heben oder kleinstes Abwinkeln der Ohren hat in einem Wolfsrudel Bedeutung. Oft gar nicht sichtbar für uns Menschen, aber die Signale sind da. Auch unser Hund verständigen sich innerhalb des Rudels, aber lange nicht mehr so fein und „unsichtbar“, denn Hunde besitzen (je nach Rasse) nur noch einen Bruchteil des mimischen Spiels, welches Wölfe untereinander zeigen. Zum einen weil wir Menschen vielen Hunden diese Art der Kommunikation mit gewissen „Entstellungen“ wunderbar weggezüchtet haben zum anderen, weil es für uns Menschen, als schlechte Beobachter gar nicht lesbar wäre. Hunde haben eindeutig Interesse mit uns zusammen zu leben, also müssen sie sich uns anpassen – so wurde aus dieser feinen Mimik eine verhältnismäßig grobe Mimik (aber auch bei der tun wir uns oft noch schwer ;)), dafür entwickelten sich Laute, die Wölfe nicht oder nur sehr spärlich beherrschen (logo, wir reden ja auch andauernd).
Und dann kommt noch dazu, dass das Hirn von Hunden wesentlich kleiner ist, als das von Wöflen, was nicht heißt, dass Hunde dümmer sind. Dies ist ein Vorgang, der bei domestizierten Lebewesen festgestellt werden kann.
Für mich eines der wichtigsten Dinge: Erziehung! Oft werden Methoden, die Wölfe anwenden auf uns Menschen übertragen. Für mich nicht nachvollziehbar, ist doch das Lernziel ein ganz anderes. Wildlebenden Tieren geht es darum ihren Welpen zu vermitteln, wie sie in und mit dem Rudel überleben können, wer welche Rolle hat (also einen Job) und wie dieser auszuführen ist. Was müssen sie bei uns lernen? Richtig: Das sie meist keinen Job haben, dass Tiere nicht gejagd werden dürfen, denn Futter kommt aus dem Napf, dass Reviere von ihnen nicht verteidigt werden dürfen und dass Autofahren zum normalen Alltag gehört. Kaum etwas, das im Portfolio eines Wolfsfamilie oder eines wildlebenden Hunderudels zu erlernen ist 🙂
Sinnvolle Vergleiche ziehen
Dennoch gibt es Vergleiche, die angebracht sind, denn natürlich tragen Hunde das Erbe ihrer Vorfahren weiter in sich. Der Wunsch nach Ordnung und einer stabilen Hierarchie ist etwas, was Hunde immer noch schätzen und brauchen – genauso wie die daraus resultierende Aufgabenverteilung. Außerdem stecken nach wie vor die Triebe / Instinkte der Wölfe in verschiedenst ausgeprägter Form in ihnen.
Für uns Menschen der wohl schwierigste Vergleich ist, dass Hunde trotz ihrer enormen Anpassungsfähigkeit nach wie vor (Raub-)Tiere sind und sie möchten und müssen auch so behandelt werden. Vermenschlichungen verstehen sie nicht und sie lernen und verknüpfen anders als wir.
Das, was wohl am wichtigsten ist, was das Thema Wolfsforschung und Hundetraining angeht ist das schöne Wort „TEAM“. Ein Wolfsrudel kann nur im Team überleben und auch unsere Hunde müssen lernen, dass nur das Team zusammenarbeitet. Alleingänge können für Hunde als auch Wölfe gefährlich werden und müssen sehr früh unterbunden werden.
Das war nur ein kleiner Ausschnitt an Beispielen. Hunde sind sehr angepasste Wölfe, die aber mit ihrem Ursprung nicht mehr all zu viel zu tun haben. Wir müssen lernen unseren Hund besser zu beobachten anstatt (neue) Erkenntnisse von Wolfsforschern auf unseren Hund zu übertragen.