dog[gish] Bewertung:
Titel: Das geheime Leben der Hunde
Von: Elisabeth Marshall Thomas
Verlag: Edition Tieger
ISBN:
Preis: 12,95 €
Dieses Buch wurde richtig hoch gelobt. Es soll das beste Buch nach „So kam der Mensch auf den Hund“ von Konrad Lorenz sein. Schon auf dem Einband entnimmt man einen Kommentar von Jeffrey M. Masson, der in den höchsten Tönen lobt. Entsprechend war meine Erwartung an dieses großartige Werk. Der ein- oder andere wird es eher unter dem Titel „The hidden life of the dogs“ kennen oder zumindest schon einmal von ihm gehört haben.
Die Schriftstellerin und Verhaltensforscherin Elizabeth Marshall Thomas schreibt in diesem Buch über jahrelange Beobachtungen ihrer Hunde. Sie wollte wissen, warum sich Hunde in bestimmten Situation so verhalten, wie sie es tun. Sie wollte wissen, was sie sehen fühlen und riechen – kurzum sie wollte in die Welt der Hunde eintauchen und lernen, die Welt mit deren Augen zu sehen!
Ein ausgesprochen spannendes Vorhaben, ein tolles Experiment, das wohl viele von uns gerne selber durchführen würden. Was dabei allerdings herrausgekommen ist, war weit entfernt von meinen Erwartungen. Es werden mich jetzt einige verteufeln, da ich mir anmaße, ein Buch, das von vielen als so wunderbar, so toll und großartig empfunden wird, so hart zu bewerten. Dennoch möchte ich meine Empfindungen und Gründe dazu erklären.
Formell gesehen, finde ich die Aufteilung des Buches gewöhnungsbedürftig. Die Kapitelfolge ist nicht wirklich themen- und zeitabhängig dadurch ist der rote Faden sowie das wirkliche Ziel / die Aussage dieses Buches schwer zu erkennen.
Die Verhaltensforscherin möchte, um die Beobachtungen möglichst genau darzulegen, ihre Hunde unberührt lassen. Keine Konditionierung, keinerlei Erziehung, relativ geringer Kontakt zu Menschen. Sie möchte sehen, was der Hund ohne Mensch macht/ machen möchte. Wir er sich verhält, wenn Menschen eine nur geringe Rolle in seinem Leben spielen. Diese Selbstüberlassung maßt an eine Rückentwicklung von domezierten Hunden zum wilden Tier. Dazu beobachtet sie Huskeys und einen Dingo. Wohl Hunde, die noch sehr ursprünglich sind. Was tun Hunde nun, wenn sie machen können, was sie möchten?
Die Voraussetzung dazu wäre gewesen, dass die Autorin die Tiere wirklich sich selbst überlassen hätte. Dies ist in vielen Fällen allerdings nicht geschehen. Immer wieder greift sie ein, sei es bei zwei „Zwangsverpaarungen“, bei der ich den genauen Sinn auch im Nachhinein nicht erkennen konnte, oder bei der ständigen Veränderung und Lebensumstände des Rudels. Die beiden Möpse, die in ihrem Haushalt eine eher unbedeutende Rolle spielen, scheinen gar nicht als Hunde wahr genommen zu werden. Auch an deren Eigenschaften lässt die Autorin kein gutes Wort. Daher werden die beiden auch nie wirkliches Mitglied des zu beobachtenden Rudels. Schade eigentlich, wäre es doch wichtig und interessant zu sehen, welche Unterschiede zwischen ursprünglichen und stärker domestizieren Hunden in der Rudelkommunikation und des -verhaltens sind.
Das an einigen Stellen des Buches grob fahrlässig gehandelt wurde, verwunderte mich außerdem. So lässt sie ihren in Pflege genommenen Hund nachts vollkommen frei in der Stadt umherstreifen und begleitet ihn dabei, wie er einen stark befahrenen Highway überquert. Für die Leser faszinierend, wie scheinbar mühelos er dies meisterte, aber in der Realität extrem gefährlich. Natürlich kann man das Talent dieses einzelnen Hundes bei weitem nicht auf die breite Masse übertragen. Auch die Verpaarung von unter einjährigen Hündinnen kann wohl keiner gut heißen. Generell hatte ich viele Augenblicke beim Lesen, in denen ich mir dachte „Was soll das? Was soll diese Beobachtung nun über das Geheime Leben der Hunde aussagen?“
Fazit: Wer sehen möchte, was passiert, wenn man seine Hunde ohne Rücksicht auf die Umwelt treiben lässt, was sie wollen, sich dadurch vom Menschen fortentwickeln und welche Konzequenzen sich dadurch ergeben, dem kann ich dieses Buch nahelegen. Die ein oder anderen Erkenntnisse sind sehr interessant, allerdings nicht von anderen Forschern bestätigt.
Für mich ergibt sich des weiteren die Fragen: Was bringt es, einen Hund in unserer Gesellschaft, sich selbst zu überlassen? Und: Wollen Hunde ohne uns leben?