Ist mein Hund sozial?

Immer wieder treffe ich auf Menschen, die Angst haben, ihr Hund wäre unsozial oder könnte unsozial werden. Sie wollen keinen knurrenden Hund oder einen, der andere anbellt. Lieb soll er sein, verspielt und nett zu allen. Die Frage, die sich aber zu erst stellt wäre: Was ist überhaupt ein sozialer Hund?


Das Wort sozial (von lat. socius „gemeinsam, verbunden, verbündet“) bezeichnet wechselseitige Bezüge als eine Grundbedingung des Zusammenlebens… (Wikipedia).

So gesehen, können wir erst einmal behaupten, dass alle Hunde grundsoziale Wesen sind. Kaum ein Lebewesen beherrscht das Zusammenleben, gerade unter Fremdartigen, so gut wie der Hund – in der eigenen Gemeinschaft!

Zusammen leben bedeutet: Gemeinsam schlafen, essen, schmusen, spielen,… Was die meisten aber möchten ist, dass ihr Hund mit ALLEN anderen Hunden und Menschen ebenso sozial, “verbunden” umgeht wie mit seinem “Rudel”. Geht ihr ebenfalls mit ALLEN fremden Wesen, die nicht zu eurem Familien- oder Freundeskreis gehören gleich nett um? Würdet ihr eure Kinder oder Freunde nicht etwa Außenstehenden vorziehen? Auch bei uns Menschen gilt: “Blut ist dicker als Wasser!“ Das ist von der Natur her auch normal! So gesehen ist es für Hunde selbstverständlich, ihre soziale Ader auf ihre eigene Gemeinschaft zu begrenzen.

Das heißt, wir brauchen eine neue Definition von “sozial”. Unter Menschen meint dieses Wort “Fürsorge”, “Einfühlungsvermögen”, “Hilfsbereitschaft”. Das kann es für unsere Vierbeiner nur bedingt heißen.

Versuchen wir es mit folgender Definition: Sozialer Umgang oder sozial verträglich bedeutet, seine Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken zu können, Bedürfnisse anderer zu akzeptieren, sich ggf. zurück nehmen zu können, die Fähigkeit eine wechselseitige Beziehung zu einem anderen Lebewesen aufbauen zu können (diese kann positiv oder negativ behaftet sein) und individuell auf das andere Lebewesen eingehen zu können – es bedeutet nicht, jeden zu mögen!

Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken bedeutet für Hunde, in ihrer angetrauten Sprache zu kommunizieren. Das bedeutet wiederum, dass Knurren, Fletschen, Imponieren oder auch Beschwichtigen zum normalen Umgangston gehören, denn damit drücken sie lediglich aus, was sie momentan möchten (z. B. Distanz, Beanspruchen einer Ressource,…). Bitte denkt nicht, dass euer Hund besonders sozial ist, weil er auf jeden Hund freudig zu rennt. Eine sehr schnelle Distanzunterschreitung kann für einige Hunde ein Grund sein, seine Distanz schnell wieder einzufordern. Viele dieser Hunde würde man sogar eher als “rüpelhaft” statt “besonders sozial” bezeichnen, denn das schnelle “über-den-Haufen-rennen-vor-Begeisterung-einen-anderen-zu-sehen” gehört nicht unbedingt zum guten Ton.

Leider missverstehen wir den Umgangston unserer Hunde oft bzw. maßregeln wir sie für eine gute Kommunikation.

Ein Beispiel: Vor kurzem war ich mit meinem zu groß geratenen Pudel auf der Hundewiese. Er entdeckte zwei kleinere Hündinnen, die auf ihn zu galoppierten. Er machte sich auf den Weg, um Hallo zu sagen. Die eine Hündin realisierte, dass er ihr wohl doch zu groß ist und zog gleich von Dannen. Die andere tat mittelmäßig interessiert, was Ben veranlasste, sie mal genauer zu begrüßen – sprich, er schnüffelte an ihrem Hintern. Nun war es dem Mädel doch zu viel, sie drehte sich um und mit drei lauten “Wuffs” signalisierte sie ihm, dass er das bleiben lassen möge. Er nahm sich sofort zurück und trollte sich. Leider jedoch bekam das Mädel dafür gleich ihre Retourkutsche und so flog – ausgehend von ihrem Herrchen – die Leine nach ihr. Vollkommen perplex stand ich da. Beide hatten kommuniziert, sie hat ihre Meinung kund getan – Ben hat es akzeptiert und … dafür wird sie bestraft!

BITTE zwingt eure Hunde nicht, sich mit jedem verstehen zu müssen, bzw. zu jedem gleich freundlich zu sein. Ein Hund hat auch ein Recht auf Distanz, wenn er es möchte!

Natürlich könnt ihr euren Hund maßgeblich unterstützen, dass er sozial verträglich ist/ wird. Man kann ihm zum Beispiel beibringen, nicht auf jeden Hund los zu rennen, sondern sich entsprechend langsam zu nähern, außerdem die Signale des anderen zu akzeptieren oder dem Hund helfen seine Wünsche zu äußern und einzufordern.

Eine gute Erziehung hilft natürlich auch immer ;)

Um jetzt mal wieder den Bogen zum Thema “sozialer Hund” zu spannen, so müsste man beinahe noch einmal erwähnen, dass für den Hund soziales Miteinander erst einmal nur im eigenen “Team” eine Rolle spielt und wichtig ist. Das Toben auf Freilaufflächen wird immer wieder mal durch Knurren oder Bellen durchzogen sein, was aber einen Hund nicht weniger sozial macht, sondern einfach nur zeigt, dass er den anderen nicht besonders gut riechen kann oder er wünscht, dass eine Handlung unterlassen wird. Das Verhältnis in der Kommunikation und der Wechselseitigkeit der Aktionen macht ein gutes Miteinander aus – natürlich immer geprägt vom Einfluss von und dem Vertrauen zum Besitzer!

Fazit: Denkt immer dran, ihr könnt auch nicht jeden Menschen gleich gut leiden – gestattet dies auch eurem Hund – und vor allem, gesteht es ihm zu, dies auszudrücken.

2 Gedanken zu “Ist mein Hund sozial?

  1. Wow, so super beschrieben hab ich es noch nie gelesen! Aber ganz genau meine Beobachtung und Meinung wenn es unseren Hund betrifft. LG Sabine

Hinterlasse einen Kommentar zu Caro Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>